Mächtiger Player im SHK-Mittelstand läuft sich warm
Nach einschlagender Neubesetzung jetzt auch ein Website-Refresh

Hier ist offenkundig Gas geben das Gebot der Stunde. Gruppe baut im Außenauftritt weiteren Vorsprung aus.

Verstärkung auf dem dreistufigen Vertriebsweg: Die Personalentscheidung, dem hocherfahrenen Friedrich Schuster das Ruder für den strategischen Einkauf der HBG-Gruppe zu überlassen, war nicht das erste Signal des gewichtigen Einkäuferzusammenschlusses. SHK Tacheles hat darüber berichtet. Die Nummer 2 im SHK-Mittelstand holt gerade unübersehbar Schwung für ein „neues Level“ in ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Dabei dürfte Schusters Wiedereintritt in den dreistufigen Vertriebsweg vor allem bei seinem jahrzehntelangen Ex-Arbeitgeber, der großen GC Gruppe, einen Stich auslösen. Beruht doch sein heutiges Wertschöpfungspotenzial mutmaßlich auf der in ihrem Haus gewonnenen Expertise. Schusters zwischenzeitlich sprunghafter Kurzzeitwechsel und jüngster Wiederabsprung beim verfeindeten Internethandel Megabad macht sich da vor dem Hintergrund eher klein aus.

Die über 6.000 Mitarbeiter starke HBG (Haustechnikbeteiligungsgesellschaft) gilt als eine regional bedeutende Fusion der sechs wichtigsten SHK-Einkäufer im Mittelstand. Namentlich Börner Home, die Elmer-Gruppe, die Eugen König-Gruppe, Peter Jensen, die Pietsch-Gruppe und die Wiedemann-Gruppe. 2004 an den Start gegangen, wurde 2010 schließlich die Einkaufsorganisation der einflussreichen Gruppenteilnehmer zusammengeführt. Zwischenzeitlich ging etwas Schubkraft verloren, die HBG-Gruppe geriet stiefmütterlich ins Hintertreffen. Das hatte man offenbar erkannt und seit geraumer Zeit mit wirkungsvollen Maßnahmen gegengesteuert. In diesem Zusammenhang ist vermutlich auch die Gewinnung von Friedrich Schuster auszulesen.

Auf Nachfrage der Redaktion äußerte sich Armin Nowak, Geschäftsführer der Elmer-Gruppe, so: „Wir wollen mit Herrn Schuster nicht die Welt verändern.“ Man wolle mit ihm künftig unter anderem die weitere Internationalisierung und damit die Bedeutung der Gruppe anschieben. Ein Riesenschritt in Richtung Ausbau der HBG sei indes der im März diesen Jahres erfolgte Launch der gemeinsamen Marke badpunkt mit 120 Ausstellungen, so Nowak. Auch seien weitere Maßnahmen geplant, die aber noch nicht „öffentlichkeitswirksam“ seien. Auf alle Fälle stehe die HBG mitten „in einem Arbeitsprozess, um als Gruppe noch enger zusammenzurücken“.

Über eine dieser Maßnahmen sickerten dann aber doch Hinweise zu SHK Tacheles durch, die auf Anfrage der Redaktion seitens Pietsch und Elmer bestätigt wurden. Es soll jetzt auch einen Refresh des in die Jahre gekommenen HBG-Internetauftritts geben. Nowak dazu: „Die Website ist letztendlich nicht mehr auf aktuellem Stand. Vor allem soll hier das Look and Feel optimiert werden“. Es ginge weniger darum, die Inhalte zu verändern, es sei „keine Rocket Science“ vorgesehen. Man wolle als HBG-Gruppe in Zukunft vielmehr die eigene Aussagekraft stärker aktivieren, inklusive Einbindung der sozialen Medien. Der Website-Relaunch stehe dabei ausdrücklich in keinem Zusammenhang mit der Neuplatzierung von Friedrich Schuster an vorderster Einkaufsfront. Die mit der Personalie verbundenen Erwartungen an die strategische Weiterentwicklung der mächtigen Unternehmensgruppe (wie der aktuellen HBG Pressemitteilung zu entnehmen ist), liefern jedenfalls weitere Signale im Sinne von Think Big.

(Stefanie Luy)




Vorwand unterm Dumpinghammer
Angriffslustiges Posting beim Onlineshop-Newcomer

Dem SHK-Handwerk wird was geboten: nämlich unschlagbare Preise im Onlinehandel, mit denen die Hackordnung unter den drei Handelsführern vermutlich neu geregelt werden soll.

Das darwinistische Prinzip Survival of the Fittest wird bei den B2B-Onlinehändlern gerade wieder mit neuer Munition befeuert. Colons, Dooos, und brandneu als Dritter im Bund: P!kster. SHK Tacheles hat darüber berichtet. Nun wird der Kampf um Kunden nochmal härter. Denn jetzt hat der in Baden Württemberg marktführende Sanitärgroßhändler Reisser über seinen frisch aufgesetzten Profi-Onlineshop P!kster eine pfeilschnelle Waffe aus dem Köcher gezogen und das meistverkaufte Installationselement für die Vorwand angriffslustig direkt unter den Dumpinghammer gebracht: Das Geberit Duofix Element für Wand-WC mit Sigma UP-Spülkasten zum „unschlagbaren Preis“, auf den P!kster gerade werbewirksam über Instagram aufmerksam macht.

Aber nicht nur der Shop selbst ist bei Reisser neu. P!kster macht bei seinem Instagram-Post auch kein Geheimnis um den besagten Preis. Während man bei der Onlineshop-Konkurrenz Colons (Pietsch-Gruppe) in der eigenen Bewerbung auf dem Kanal bislang offenbar noch etwas zurückhaltender vorgeht, greift P!kster bei seinem Aktionsangebot unverblümt über offene Zahlen an. Und das mit lautem Rabattgetöse: alter Preis, neuer Preis! In diesem Fall: 151,00 € statt 161,99 €. Abteilung Attacke also, was nach dem kleinen Einmaleins des Geschäftemachens umweglos auf (bundesweiten) Neukundenfang abzielt. Vonseiten des P!kster Managements stellt sich der Post auf Nachfrage der Redaktion dagegen als ein ganz normales „Willkommensangebot für unseren Fachhandwerkskunden“ zu einem „einmaligen Preis“ dar. Grundsätzlich, so heißt es weiter, sei es „in dem freien Wettbewerb wohl kaum als Kampfansage zu verstehen, wenn ein einzelnes Produkt zu einem marktüblichen Preis angeboten wird“. Es handele sich hierbei vielmehr um ein „einzelnes Eröffnungsposting“ ohne erkennbaren Grund für einen Anstoß, lässt das P!kster Management diese Redaktion wissen: Zur Förderung von Reichweite und Bekanntheit, „wählt P!kster als moderner Partner, jeglichen zulässigen Vertriebs- und Marketingkanal, um jedem Fachhandwerker gerecht zu werden.“

Dass es sich bei dem auf Instagram geposteten Produkt allerdings um nichts weniger als das meistverkaufte sanitäre Vorwandelement handelt, könnte in dem Zusammenhang dann doch den entscheidenden Unterschied machen. SHK Tacheles hat deshalb auch mal Christian Kämmer, Geschäftsführer des zweiten wichtigen Wettbewerbers Dooos (GC-Gruppe), zu besagtem Post befragt: „Wer das Rennen dann am Ende macht, entscheidet das Gesamtpaket für den Kunden. Der Preis ist sicher kurzfristig immer ein gutes und auch valides Instrument, langfristig müssen aber gerade die Faktoren Benutzererfahrung, Sortimente, Services und Abwicklungsperformance überzeugen, um die Kunden an sich zu binden. Bei Dooos setzen wir auf das Gesamtpaket.“

Kurz zum Hintergrund: Die geschäftsführenden Erben der Böblinger Reisser AG lüften seit dem Tod von Unternehmenspatriarch Helmut Reisser vor gut zwei Jahren schon ein ganzes Weilchen ihren Laden durch. Mit dem Anspruch „komplett neuer Denkmuster“ wurde unter der Lenkung von Patricia Montalti, Mitglied des Reisser Vorstands, sogar ein eigenes Change-Management eingerichtet, um im Zeitalter des Wandels zu bestehen, so Montalti. Von Mindset und Mitwirkung aller Betriebsangehörigen, von Erneuerung der Firmenkultur und Paradigmenwechsel ist die Rede. Und auch mit einer neuen Pilot-Ausstellung der Reisser-Gruppe in Frankfurt a. M. setzt man seit Anfang des Jahres beim Thema Badberatung auf den zeitgemäßen Hybriden analog und digital. Das blutjunge Start-up P!kster ist der jüngste Modernisierungscoup aus der Reisser Nachfolgerschmiede, erst vor wenigen Wochen live gegangen.

(Stefanie Luy)




Willkommen in Absurdistan
Finanziell kerngesund und trotzdem Engpass beim nächsten Sanitärgroßhändler

Die Flurschäden des Sanitär-Tsunamis läppern sich. Selbst den Weitsichtigen steht offenbar das Wasser bis zum Hals.

38.000 Quadratmeter mit prall gefülltem Lagerbestand in einem der modernsten und größten Logistikzentren der Branche drücken auf’s Portemonnaie? Danach sieht’s aus – beim Familienunternehmen Reisser, dem strategisch schon seit Längerem auf Zukunftskurs steuernden Sanitärgroßhändler aus Böblingen. Ein entsprechender Hinweis auf aktuell hohe Lagerbestände, die für einen Liquiditätsengpass sorgten, erreichte diese Redaktion. Reisser Vorstandsvorsitzender und Unternehmenspatron Guntram Wildermuth-Reisser bestätigt auf Nachfrage der Redaktion die Echtheit eines entsprechenden Schreibens an die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Dass volle Auftragsbücher in diesen strapazierten Zeiten generell kein Garant für laufende Geschäfte sind, ist mittlerweile eine alte Kamelle. Aber wenn es auch die ambitionierten Vorkehrer trifft, die schon eine Weile gegen Engpässe jeder Art hochrüsten – das muss alarmieren. Nachdem der SHK-Handel letztes Jahr noch einen Rekord nach dem anderen eingefahren hat, brechen also jetzt offenbar immer weitere Lagerregale unter nicht mehr verkaufbarer Last zusammen. Ein in der aktuellen Sanitärkrise mittlerweile fast schon flächendeckendes Phänomen: Überbestände mit fatalem Rückstau-Effekt. Die Abwärtsspirale bei Herstellern und Handel, die nun auch die Reisser AG zu treffen scheint, fordert ganz offensichtlich längst auf breiter Front Opfer.

In dem der Redaktion zugespielten Schreiben an die eigenen Leute von Reisser heißt es jedenfalls im Wortlaut: „Die steigenden Zinsen und gestiegenen Preise für Baumaterialien führen zu einer deutlich reduzierten Anzahl an Baugenehmigungen. Gleichzeitig sorgt unser aktuell hoher Lagerbestand für einen Liquiditätsengpass, welchen wir sukzessive abbauen werden.“ Offenbar versucht man hier vonseiten des Managements gleichzeitig den Ernst der Lage zu dämpfen, indem man es „unternehmensweite Vorsichtsmaßnahmen“ nennt, die für das dritte und vierte Quartal im laufenden Geschäftsjahr 2023 vorgesehen seien. Es wird ausdrücklich betont, dass sich die „Kürzungen im Rahmen der begonnenen Transformation auf die geplanten, strategischen Zukunftsprojekte“ bezögen und „keineswegs ein Grund zur Beunruhigung“ bestünde. Die Reisser AG stehe „nach wie vor finanziell als kerngesundes Unternehmen da“.

Im Gespräch mit SHK Tacheles stellt Wildermuth-Reisser die Hintergründe eher als eine absichernde Zukunftsvorkehrung dar: „Das ist ja keineswegs außergewöhnlich vor dem Hintergrund der insgesamt rückläufigen Bewegung in diesen dynamischen Zeiten und der erzeugten Unsicherheit durch die Regierung. Wir möchten uns gern für schlechtere Zeiten aufstellen und wollen einfach ein bisschen auf die Bremse drücken.“ Im Vordergrund stünde deshalb jetzt ein entsprechendes Kostenbewusstsein. Man überlege, ob das eine oder andere Großprojekt wirklich nötig sei, weshalb man diese auf deren Amortisation prüfe. Auf Nachhaken von SHK Tacheles wies man mögliche Einschnitte bei den Mitarbeitern weit von sich. Man gehe wie zuvor auch schon in die „Offensive“ und gebe weiterhin Vollgas bei Investments und dem Ausbau der eigenen Infrastruktur, laut Wildermuth-Reisser: Die Eigenkapitalquote sei nach wie vor hoch und auch die hohe Kreditlinie schöpfe man weiter aus, lässt man die Redaktion wissen. Aber „man müsse eben auch mal konsolidieren“, mit besonderer Betonung auf ein gradliniges und bodenständiges Unterwegssein bei Reisser, man sei halt schwäbisch.

Ob es im Endeffekt wirklich bei den hier ausgeführten Maßnahmen bleibt und es dabei mittelfristig zu keinen direkten Einschnitten bei der Reisser-Belegschaft kommen wird, ist vermutlich so ungewiss wie die Zukunft der hiesigen Wärmeerzeugung. Eindeutiger ist dann vielleicht doch der interne Appell in dem hier zitierten Schreiben an das Reisser Personal „in diesen schwierigeren Zeiten zusammenzuhalten und füreinander einzustehen“. Wer dabei auf Sicht Opfer in den eigenen Reihen ausschließt, hält sich im aktuellen Sanitärszenario entweder für unverwundbar oder ist es vielleicht sogar.

(Stefanie Luy)




Ringelspiel im österreichischen Großhandel
Gehen Abgänge von Niederlassungsleitern jetzt in Serie?

Der SHK Markt steht weiter in Flammen. Auch bei unseren österreichischen Nachbarn zeichnet sich seit Kurzem ein Personalbeben auf Leitungsebene ab. Die nächsten Namen sind gefallen.

SHK Tacheles hat bereits berichtet: Zlatko Tulic, ehemals Salesmanager bei Impex, wechselt zum 1. September als Verkaufsleiter zur ÖAG, Traditionsmarke am österreichischen Sanitärmarkt. Jetzt werden dieser Redaktion die nächsten Weggänge im österreichischen Großhandel bekannt. Was auf dem dortigen Markt wie ein Brandbeschleuniger wirken dürfte, sollte sich die Serie weiter fortsetzen. Auch Martin Reisinger, bis dato Niederlassungsleiter bei Impex, hat laut mehrerer Insider und Bestätigung eines Mitarbeiters, seinem Unternehmen Servus gesagt. Wohin er wechselt, ist auf Nachfrage zurzeit noch unter Verschluss. Interessante Nebennotiz: Das Xing Profil von Reisinger weist aus, dass er parallel zu seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter bei Impex bereits seit 8 einhalb Jahren offenbar auch als Vertriebsleiter bei Sanitär-Heinze unterwegs ist.

Die nächste Personalie könnte in dem Zusammenhang deshalb entsprechende Spekulationen anheizen. Denn auch Richard Michael Röck, seit einem Jahr Niederlassungs-/Vertriebsleiter bei Sanitär-Heinze, ist Vergangenheit. Hier wurde der Redaktion allerdings seitens der Vertriebsleitung Österreich von Sanitär-Heinze klipp und klar zu verstehen gegeben, dass „Herr Reisinger auf keinen Fall der Nachfolger“ sei. Man wolle damit ausdrücklich Spekulationen über die Neubesetzung im Keim ersticken. Es handele sich hier um eine „ganz normale Personalie“, die Nachfolge sei bereits gesichert und für den 1. September geplant. Namen wollte man hier zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht nennen.

(Stefanie Luy)




Viessmann gegen den Rest der (Verbands)Welt?
"Nicht auf den Allerletzten in der Klasse Rücksicht nehmen"

Viessmann ist die Mega-Medien-Schlagzeile der Branche dieser Tage. Der Carrier-Deal zieht eine nie dagewesene  PR für die Allendorfer nach sich. Das lang gehegte Bild der happy Viessmann-Family hat jedoch in den Augen manch eines Marktkenners auch nach dem Abtreten der Klimasparte Kratzer bekommen. Die direkte Konkurrenz scheint auch schon länger sauer zu sein auf die Hessen. Ein Statement aus den Reihen Viessmanns sorgte bereits vor Wochen zum Teil für Fassungslosigkeit unter den Wettbewerbern.

Will Saulus jetzt zum Paulus werden? Diese Frage stellen sich gerade Mitstreiter von Viessmann, nachdem sich der Heizungshersteller doch eigentlich als vorpreschender Heilsbringer beim Klimaschutz promotet hatte: Mit einem marktschreierischen Statement von Dr. Kai Roger Lobo, Director Public Affairs Germany bei Viessmann, auf einem Agora Panel zur Energiewende sollte die Vormachtstellung des Branchenriesen möglicherweise neuen Schub bekommen: Man werde jetzt seine „Wärmepumpenproduktionskapazität versiebenfachen“ und könne „im Bereich des Massenmarktes bis 70 Kilowatt Heizleistung in kürzester Zeit vollständig auf natürliche Kältemittel umsteigen“. Man müsse nicht auf den Allerletzten in der Klasse Rücksicht nehmen, so untermauert Lobo. Nachzulesen übrigens auch nochmal bei LinkedIn, wo Lobo sein Geständnis, wie er es nennt, bekräftigt und gleichzeitig das Marktumfeld irgendwie auch zu diskreditieren scheint: „Wir benötigen für den weiteren Wärmepumpenhochlauf keine umweltschädlichen, PFAS-haltigen Kältemittelchemikalien. Wer anderes behauptet, will entsprechende Kältemittelchemikalien einfach viel länger einsetzen, als es technisch notwendig ist.“

Ein ausgerufenes Fanal, das mächtig Sprengstoff in die ohnehin schon strapazierte Diskussion um die neuen EU-Verordnungen zum Klimaschutz bringt. Zumal der angekündigte Alleingang von Viessmann hier offenbar aus einer vermeintlichen Einigkeit unter den Herstellern ausschert. Laut Insidern hatte man sich angeblich zu einer frühestmöglichen Komplettumstellung auf natürliche Kältemittel bei Wärmepumpen (z.B. Kohlenwasserstoff, Propan oder Ammoniak) bis 2028 verständigt. Und das auch nur unter der Voraussetzung kleinerer Bedarfe, wie vonseiten des Wettbewerbs zu hören ist. Offiziell steht vonseiten des Umweltbundesamtes ein Verbot synthetischer, also fluorierter und wegen ihres hohen Treibhauspotenzials klimaschädlicher Kältemittel (F-Gase) bis 2030 und die beabsichtigte Neuauflage eines Umweltzeichens Blauer Engel für Hauswärmepumpen im Raum.

Aus einem Bündel an Gründen herrscht marktseits offenbar Einigkeit darüber, dass ein flächendeckender Umstieg mit weniger als 5 Jahren Vorlauf absolut utopisch sei. Es müssten für den Einsatz natürlicher Kältemittel neben der Entwicklung neuer Technologien und Komponenten auch neue Sicherheitsstandards implementiert, das Fachhandwerk neu geschult und zertifiziert, die erforderlichen Aufstellbedingungen erfüllt, Regularien berücksichtigt und die Förderkulisse entsprechend nachgeschärft werden. „Selbst 5 Jahre bis zum vollständigen Ersatz synthetischer Kältemittel sind schon sportlich – das entspricht dem Minimum an notwendiger Entwicklungszeit“, so Alexander Schuh, Verbandsmanager Vaillant, auf Nachfrage der Redaktion. Zumal zum jetzigen Zeitpunkt nach Aussage von Schuh 60% der Wärmepumpenhersteller über kein einziges Modell verfügten, das sich für natürliche Kältemittel eignen würde und eine frühere Umstellung zudem baurechtlich gar nicht möglich sei.

Unbeliebt macht sich Viessmann mit seiner Vertriebspolitik in Sachen Kältemittel auch in der Verbandswelt der Kältetechniker selbst. Dort gibt es eine abgestimmte Meinung der maßgeblichen Interessenvertretungen zur Novellierung der Kältemittelverordnung: „Der geplante Wärmepumpenhochlauf in der EU würde durch ein grundsätzliches Verbot von F-Gasen massiv gefährdet – auch wenn die Firma Viessmann dies anders darstellt“, lässt Christoph Brauneis, Beauftragter für Politik und Medien des VDKF, die Redaktion wissen. Brauneis unterstreicht die großen Herausforderungen für alle Beteiligten der Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche bei einer erfolgreichen Umsetzung der Verordnung und warnt gleichzeitig vor einer „ernsthaften Gefährdung einer beschleunigten und umfassenden Einführung von Wärmepumpen bei einem HFKW-Ausstieg bis 2027“. Der VDKF hält in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Organisationen wie BIV, BTGA, FGK, Bundesfachschule, RLT-Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte und ZVKKW insbesondere den vorgegebenen Zeitplan für bedenklich: „Das Modell der Europäischen Kommission baut auf einer Reihe unrealistischer Annahmen über die Geschwindigkeit des Umstiegs auf natürliche Kältemittel auf.“

Der Vorstoß von Lobo, übrigens der jüngere Bruder des fernsehweit bekannten politisch engagierten Paradiesvogels Sascha Lobo, legt irgendwie auch den Verdacht einer Kehrtwende in der öffentlichen Positionierung von Viessmann beim Thema Wärmepumpe nahe. Noch vor gut einem Jahr machte sich Viessmann schließlich im Rahmen des Klimaschutzes selbstbewusst für eine Zukunft der Gasheizung stark, natürlich grün gefärbt mit grünem Wasserstoff und Biogas. Nachzulesen in der FAZ. Und das, obwohl der Heiztechniker vermutlich wie die gesamte Branche schon Unsummen am staatlich geförderten Wärmepumpen-Run verdient hat. Hat Viessmann also wirklich ein ernsthaftes Interesse an einer Transformation im Eiltempo? Das jedenfalls fragen sich Insider. Ein praktikabler Common Sense sehe anders aus, heißt es hinter den Kulissen.

Viessmann kommt wie viele seiner Wettbewerber aus der traditionellen, der konventionellen Heiztechnologie. Dieses Fass aufzumachen und gleichzeitig zu behaupten, der „Wärmepumpenhochlauf sei durch die kurzfristige Umstellung auf natürliche Kältemittel in keiner Weise gefährdet“ (so Lobo), halte man für unredlich, ist aus Kreisen einzelner Marktteilnehmer zu hören. Wahrscheinlich spielen auch bei den Viessmann-Kritikern Eigeninteressen eine erhebliche Rolle. Das Thema auch zukünftig birgt Brennstoff. Lobo selbst platziert sich auf seinem LinkedIn Profil derweil von Widerständen ungerührt als beim Deutschen Bundestag gelisteter Interessenvertreter, der den „Lobbykampf“ für das ausgerufene „Ziel im Namen der Umwelt sehr gerne und transparent“ führe. Viessmann selbst ist zu dieser Kontroverse auf Nachfrage von SHKTacheles bis heute keine Stellungnahme zu entlocken.

(Stefanie Luy)