(Update) Oventrop schockiert mit Kündigungskrimi
"Mitarbeitende wurden wie Verbrecher abgeführt"

Zeitenwende im beschaulichen Sauerland. Spätestens seit dem 6. Dezember ist es aus mit der vorweihnachtlichen Seelenruhe in Brilon und Olsberg. Beim sauerländischen Familienunternehmen Oventrop scheint sich am Nikolaustag Unglaubliches zugetragen zu haben.

Eiseskälte ist um diese Jahreszeit im Sauerland wirklich nichts Besonderes. Auf dem Werksgelände von Oventrop muss es jetzt aber einen zusätzlichen Temperatursturz der besonderen Art gegeben haben. Und zwar für mindestens 21 Mitarbeitende des Unternehmens, denen das Blut in den Adern gefroren sein durfte. Grund dafür ist ein offenbar schonungsloser Kündigungskrimi vonseiten der Geschäftsleitung, der sich dem ersten Vernehmen nach durchaus als Schocker mit großem Tamtam darstellt. Es ist von Personen die Rede, die an den Standorten Brilon und am Stammsitz Olsberg „wie Verbrecher abgeführt worden seien“ und von einem skrupellosen Showdown, der geltendes Recht unterlaufe, so der bestürzte Betriebsrat. Die IG-Metall bezichtigt die verantwortliche Chefetage sogar der „Psychospielchen“.

Und das alles bei einem bis dato eher konservativen und öffentlichkeitsscheuen Vertreter seiner Art. Was bitte ist da im Sauerland passiert? Vielleicht hausgemachter Lärm auf der Führungsetage? Schließlich wurden in der Oventrop-Geschäftsleitung im Laufe des Jahres gleich mehrere Staffelstäbe weitergereicht. So bezog zum 1. Januar 2023 Gabi Wilwers in Nachfolge von Jochen Fähnrich ihre neue Geschäftsführungsposition neben Johannes Rump als Geschäftsführendem Gesellschafter. Zum 1. April rückten dann noch Klaus Frese und Michael Scheller in die Leitungsebene auf. Als Ersatz für den in Ruhestand tretenden Bernhard Schaub, der sich im Unternehmen scheinbar als geschätzter Veteran über viele Jahrzehnte einen Namen gemacht hatte. Und auch der langjährige Technische Leiter Manfred Quirmbach wird Teil des Führungsquintetts. Im Ergebnis also quasi eine ganz neue Managing Crew. Möglicherweise zu viel Aufbruch in zu kurzer Zeit?

SHKTacheles hat bei den beteiligten Parteien mal nachgehakt. Aus Sicht des Oventrop-Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Geilen handelt es sich bei der Kündigungsmaßnahme am Nikolaustag eindeutig um eine Grenzüberschreitung: „Wir stellen ausdrücklich klar, dass wir grundsätzlich und selbstverständlich niemals wirtschaftlich notwendige Umstrukturierungen und damit verbundenen Stellenabbau blockieren würden. Solange die Regularien eingehalten und nachvollziehbare Gründe dafür vorgebracht werden. Bei dem genannten Vorfall wurden die geltenden Rechte von Betriebsrat und Belegschaft aber auf nicht nachvollziehbare und beispiellose Weise mit Füßen getreten“, so Geilen auf Nachfrage der Redaktion.

Man habe im Vorfeld bereits drei Wochen mit der Unternehmensführung verhandelt, sogar Freiwilligenlisten angeboten, die im Endeffekt aber wohl ignoriert wurden. Es hätte für einen geregelten Ablauf zudem an Zeit gefehlt, bevor man in einer nach außen hin willkürlichen Auswahl teilweise völlig unvorbereitet, Mitarbeitende aus Qualitätsabteilungen und diversen Messräumen „abgeführt“ habe. Geilen berichtet gegenüber SHKTacheles, manche Mitarbeitende hätten morgens ihren Account nicht mehr hochfahren können und seien dann durch Abteilungsleiter von ihren Arbeitsplätzen „entfernt“ worden. Man habe den Betroffenen das Vorgehen unter Zeugen wohl wiederholt damit erklärt, sie sollten „zur Erholung“ nach Hause geschickt werden. Man wolle Wogen glätten und wieder Ruhe herstellen. Es habe sich bei den Gekündigten nicht nur um Angestellte, sondern auch um Gewerbliche gehandelt. „Bislang leugnet die Unternehmensleitung die Fakten zu dem Vorgang. Keine Frage, dass man hier ein Exempel statuieren wolle“, so Geilen weiter.

Auch bei Helmut Kreutzmann, Chef der IG-Metall Olsberg löst die Aktion blankes Entsetzen aus: „Die unwürdige Art und Weise, wie da mit Menschen umgegangen wird, ist ein Novum in der Region und macht mich total sprachlos“. Das so noch nie dagewesene Vorgehen hätte nichts mit einem sozialverträglichen und geordneten Prozess zu tun, zu dem man als IG-Metall bei Notwendigkeit generell immer bereit sei.  Konstruiert wirkt auf Kreutzmann vor allem auch die offizielle Auslegung aus Teilen der Unternehmensleitung, man habe aus Fürsorge gegenüber den Beschäftigten gehandelt, wie es Geschäftsführerin Wilwers angeblich gegenüber Kreutzmann im Nachgang dargestellt haben soll. Man wolle es von oben aus offenbar als eine Schutzmaßnahme der – infolge des schon länger diskutierten Stellenabbaus – psychisch belasteten Mitarbeitenden verstanden wissen, so der IG-Metallchef. Wegen des übereilten Vorgehens hätte es zum sonst durchaus üblichen Angebot eines alternativen Aufhebungsvertrages gar nicht mehr kommen können. Stattdessen habe man es vorgezogen, den ausgewählten Mitarbeitern in einer Hauruckaktion ihre Stempelkarten zu entwenden und ihre Accounts zu blockieren. Zur möglichen Motivation der Geschäftsleitung befragt, herrscht bei Kreutzmann absolutes Rätselraten, auch die Auswahl der Betroffenen würde wohl ihr Geheimnis bleiben. Plausibel erklärt habe sich jedenfalls bis heute noch niemand. Der Schock sitze tief, besonders bei den direkt Leidtragenden.

Erwartungsgemäß klingt die Version aus Unternehmenssicht deutlich anders. Der aktuelle Stellenabbau stünde in keinem Zusammenhang mit der für nächstes Jahr geplanten und intern bereits im September kommunizierten Umstrukturierung, laut Darstellung des Unternehmenssprechers Dr. Christian Rohrlack gegenüber dieser Redaktion. Dieser sei vielmehr ein kurzfristiges Reagieren auf konjunkturelle Rahmenbedingungen im Baugewerbe, man sei bei entsprechendem Auftragsrückgang gezwungen, Kosten einzusparen und Prozesse bei diversen Verwaltungstätigkeiten zu optimieren: Maßnahmen, die man in die Hand von Agenturen und Dienstleistern gelegt habe. Man verstehe die öffentliche Darstellung der Vorgänge um den 6. Dezember nicht und sehe darin vor allem eine „Reputationsschädigung“ von Gewerkschaftsseite. Hier seien Grenzen überschritten worden, so formuliert es Rohrlack. Nach den Ausführungen des Unternehmenssprechers habe man im aktuellen Fall den Betroffenen noch keine Kündigungen ausgesprochen, vielmehr wolle man mit den besagten Mitarbeitern unter vollen Bezügen im Weiteren Einzelgespräche führen und darin individuelle Lösungen ausgestalten.

Oventrop ist ein Familienunternehmen mit langjähriger Historie und liefert als Spezialist für Energieeffizienz, Raumklimaoptimierung und Trinkwasserqualität die passenden Produkte und Systeme. Ein Traditionalist, der über zusätzliche Produktionsstätten in Polen und China verfügt und weltweit in über 80 Ländern aktiv ist. Für Mitte 2024 plant Oventrop eine „Restrukturierung“, bei der es im Zuge einer Produktionsoptimierung laut Rohrlack vor allem um eine Segmentverlagerung nach Polen ginge. Eine Maßnahme, von der 175 Beschäftigte aus der Produktion betroffen seien.

(Stefanie Luy)




Weitere Absprünge bei Swegon Germany?
Und wieder gehen offenbar zwei leitende Mitarbeiter von der Fahne

Der aus Schweden stammende Haustechnik-Konzern darf sich zu den weltweiten Marktführern zählen. Sein deutscher Ableger die Swegon Germany GmbH bekommt auf dem hiesigen Markt aber nicht so recht Wasser untern Kiel. Es läuft scheinbar nicht rund. Die gehäuft auftretenden Abgänge an wichtigen Schnittstellen im Unternehmen fallen auf.

Nachdem die Geschicke der Swegon Germany GmbH rund 40 Jahre lang unter dauerhafter Lenkung durch Geschäftsführer Hans-Joachim Socher standen, hatten seine Nachfolger ab 2017 einen vergleichsweise kurzen Aufschlag beim Spezialisten für zentrale Lüftungslösungen. Hier rotierten die Chefsessel zwischenzeitlich gleich dreimal. Der aktuelle Geschäftsführer Nils Meinert hält sich nun seit Februar 2022 im Sattel und ist seither um eine stärkere Positionierung des Unternehmens im deutschen Markt bemüht.

Der Abkehrtrend scheint allerdings jetzt aktuell nochmal Fahrt aufzunehmen. Im Juli dieses Jahres sprang dann auch Marketingleiter Frank Schönfelder nach knapp vier Jahren ab und wechselte wenig später als Chief Market Officer zur Collomix GmbH. Und wieder hört man aus gut informierten Kreisen, dass es am deutschen Stammsitz in Garching personell rumpeln soll. Den Hinweisen nach gilt es als gesichert, dass jetzt auch Sebastian Maier, Kaufmännischer Leiter / Director Finance & Controlling, und Kundendienstleiter Martin Stumpf angeblich einen Schlussstrich unter Swegon Germany gezogen haben. Die Personalien sind nicht offiziell bestätigt. Dennoch, offenbar allemal eine verschärfte Anzahl an Abgängen, die diese Redaktion veranlassen, auch mal einen Blick auf das Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu zu werfen.

„Zu viel Leiter, Manager, man hört immer nur das Führungsteam muss das besprechen“, ist hier beispielsweise unter den jüngsten Einträgen zu lesen. Die Rede ist von mangelndem Teamgefühl zwischen den Fachbereichen und Schwächen beim Erkennen, Kommunizieren in die Werke und beherzten Durchsetzen der Anforderungen des deutschen Marktes. Unzufriedene Mitarbeiter bei Swegon Germany schlagen auf dem Portal einen ziemlich scharfen Ton an: „es ist ein stark toxisches Unternehmen und es wird nicht besser, sondern immer schlechter“. „Sehr hohe Mitstreiter-Fluktuation und es wird nichts dagegen unternommen. Riesiger Wasserkopf, der nichts bringt“ und „unauflösbarer Filz der Vergangenheit, Uneinsichtigkeit und Unehrlichkeit im Management“. Management und Teamleiter seien „komplett inkompetent“, was das schwedische Stammhaus leider nicht interessiere, so ist einer weiteren Wortmeldung auf dem Portal zu entnehmen. Die Kommentare aus Teilen der Belegschaft lassen jedenfalls auf mächtig Dampf unterm Kessel schließen. Man wünsche sich laut Luftmache auf Kununu vielmehr, dass „Strukturen und Arbeitsabläufe nicht immer wieder aufgeblasen und verkompliziert werden“ und hätte dazu offenbar gern auch mehr Rückhalt von der Zentralleitung aus Schweden.

An welcher Stelle krankt es beim deutschen Ableger des skandinavischen Lüftungsspezialisten? Aus seriösen Quellen erfährt die Redaktion, dass es vor allem an einer nicht funktionierenden Vertriebsbasis zu hapern scheine und die Schweden mit Walter Meier als deutlich stärkerem Verbundpartner in Deutschland wohl nicht wirklich grün seien. Beides könnten gewichtige Gründe für die zunehmende Unzufriedenheit im eigenen Stall sein. So wurde vor ein paar Jahren offenbar einvernehmlich die Vertriebsstruktur von Sparte auf Region umgestellt, was an sich schon einen erheblichen Aufwand darstellt und Unruhe in die internen Abläufe und Zuständigkeiten bringt. Gerüchten zufolge habe man sich danach aber auch schon wieder eines „Besseren“ besonnen und versuchsweise eine Art Doppelstruktur eingeführt, die sowohl der jeweiligen Sparte als auch den Regionen gerecht werden sollte. Branchenkenner machen in diesem Hickhack ein mögliches Scheitern bei der Vertriebsorganisation aus, zumal die zuständigen Leiter wohl auch nicht mehr mit der notwendigen Kompetenz ausgestattet worden seien, so heißt es. Das Ergebnis sei eine Lame Duck, die zu entsprechenden Irritationen und Unzufriedenheit in den eigenen Reihen führte.

Swegon ist ein in Schweden börsennotierter Konzern im Besitz der Latour-Gruppe, einem schwedischen Investment-Unternehmen. 2004 fand das Takeoff des deutschen Ablegers Swegon Germany GmbH statt. Swegon ist parallel zum eigenen Produktportfolio seit über 30 Jahren exklusiver Vertriebspartner von Fujitsu Klimasystemen. 2013 erfolgte die strategische Akquisition und Übernahme der Klimaaktivitäten von Walter Meier in Deutschland mit Sitz in Garching. 2018 dann eine weitere Übernahme, indem Zent-Frenger von Uponor als Spezialist für Kühldeckensysteme mitsamt preisgekröntem Wärmepumpenkonzept durch die Swegon Group AB geschluckt wurde. Ob bei der jeweils begleitenden Integration auch mangelnde Führungskontinuität und eine instabile Vertriebsbasis eine Rolle gespielt haben könnten, darüber kursieren auf Marktbeobachterseite unterschiedliche Meinungen. Dem aktuellen Anschein nach fliegt bei Swegon Germany jedenfalls gerade mal wieder zu viel Leitungspersonal aus der Kurve.

(Stefanie Luy)




Genervt vom Marktgeplauder
Übernahmegerüchte zu Österreichs Sanitärgroßhändler Holter reißen nicht ab

Das Familienunternehmen Holter dreht beim Thema Firmenverkauf weiter im Gerüchte-Looping. Die Inhaber ziehen sich aus dem operativen Geschehen mehr und mehr zurück. Doppeltes Spiel nach innen und außen? SHKTacheles ist der Frage nachgegangen.

Gerade noch wurden im großen Stil die Sektkelche auf 150 Jahre Holter gehoben. Das Firmenjubiläum des Sanitärgroßhändlers mit 24 Standorten in Österreich und Deutschland fand gleich zweimal statt. Erst im April dieses Jahres im österreichischen Wels (dem Stammsitz), im Oktober dann nochmal im bayerischen Regensburg. An der doppelt gefeierten Erfolgsgeschichte, zunehmend auch das Geschäft in Bayern, wird wohl niemand zweifeln. Es mehren sich jedoch Anzeichen dafür, dass bei der Sanitärgroßmacht aus dem Nachbarland hinter zugezogenen Vorhängen seit Längerem Stühle gerückt werden und zumindest wohl schon ein entscheidendes Büro geräumt wurde.

Während Holter das Thema um einen möglichen Verkauf laut Marktkennern in Österreich endlich loswerden möchte und man unternehmensseits wohl sehr bemüht ist, das Gerücht aus der Welt zu schaffen, ergibt sich für diese Redaktion nach Informationen aus gut informierten Quellen ein anderes Bild. Heißt es auf Nachfrage bei Gesellschafter Michael Holter noch, dass Mutmaßungen über einen etwaigen Kauf durch Richter & Frenzel der übliche Quatsch seien, erfährt SHK Tacheles von Brancheninsidern, dass firmenintern schon eine Weile lang offen und auf verschiedenen Ebenen über einen Verkauf diskutiert würde. Die Frage sei angeblich nicht ob, sondern wann es passiere. Konkretes wisse im eigenen Haus allerdings keiner, so wird gesagt.

In Insiderkreisen will man indes wissen, dass die üblichen Verdächtigen wie beispielsweise die GC-Gruppe, G.U.T. oder BME sowie diverse andere im Rahmen möglicher Kaufinteressen immer wieder beim Unternehmen vorstellig würden. Ohne aktiv betriebene Einladung seitens Holter. Vor allem Hans-Peter Moser, nach acht Jahren im Vorstand der börsennotierten Frauenthal-Holding und längst einflussreicher Miteigentümer der GC-Gruppe, gilt branchenintern als „Anzünder“ der Verkaufsgerüchte. Auf Mosers Erfolgskonto gehen immerhin zahlreiche Geniestreiche in Sachen Einkauf, wie seinerzeit zum Beispiel auch die Einverleibung der drei Sanitärgroßhändler Pinguin, Hoffmann und Röhrich. Man geht inoffiziell davon aus, dass Moser auch beim Sanitärgroßhändler Holter nicht lange fackeln würde, allein schon um Frauenthal – nach offenbar unfriedlicher Trennung seinerzeit – eins auszuwischen, so wird gemunkelt.

Grundsätzlich glaube man marktseits allerdings, dass Holter in Richtung Akquise auch künftig nicht direkt aktiv würde. Was das Sondieren mit Wettbewerbern beträfe, handele es sich vielmehr um einen ganz normalen Auslotungsprozess. Ein besonderer Nährboden für das nicht abreißende Gerede am Markt könnte allerdings im familiären Abgang auf der Chefetage liegen. Seriösen Hinweisen zufolge soll Mitgesellschafterin Jasmin Holter-Hofer bereits vor etwa einem Jahr ihren Dienst quittiert haben. Man sagt, danach sei diese im Unternehmen in keinster Weise mehr in Erscheinung getreten. Weder operativ, noch leibhaftig. Übrigens wohl auch nicht auf besagten Jubiläumsfeiern. Es seien fast alle Kontakte abgebrochen, so ist zu hören. Von Holter-Hofer wird in der Branche nicht erst seit gestern kolportiert, dass sie eine mögliche Veräußerung des Familienunternehmens durchaus befürwortet hätte. Ob darin schlussendlich ein Trennungsgrund zu suchen ist und ob der Weggang möglicherweise im Streit erfolgte, bleibt spekulativ.

Dass parallel dazu auch ihr Cousin Michael Holter nach fünf Generationen in Familienhand Zug um Zug das Zepter abzugeben scheint, geht nicht zuletzt aus einer unternehmenseigenen Pressemitteilung vom 6. Oktober hervor. Hier ist unter anderem von einer „Managementerweiterung mit Bernhard Karlsberger und Markus Steinbrecher als Geschäftsführer“ zum 1.1.2023 die Rede. Aus gut informierten Quellen erfuhr die Redaktion, dass sich Michael Holter selbst derweil zunehmend aus dem operativen Geschäft des oberösterreichischen Familienunternehmens zurückzöge. Zwar sei offiziell noch von einer 4er-Geschäftsführung die Rede, es deute aber einiges auf eine sehr baldige 2er-Spitze hin. 2023 könne bei Holter ein „Übergangsjahr“ werden, so die Quintessenz externer Beobachter. Ob es so kommen wird? Und ob die ohnehin schon übermächtige GC-Gruppe mit einem möglichen Kauf von Holter unter den Sanitärrivalen mit einem Schlag zur Nummer 1 aufrückt, sofern auch das Kartellamt grünes Licht gäbe? Warten wir weiter ab.

(Stefanie Luy)




Bosch nach Verkaufscoup von Viessmann zunehmend unter Zugzwang
Was plant die Schaltzentrale des Großkonzerns für ihre Heizungssparte?

Der Wirbel nach Viessmanns vergoldetem Einverleiben durch den US-Konkurrenten Carrier im April dieses Jahres will nicht abebben. Im Fadenkreuz der Spekulationen über ein mögliches Nachziehen immer wieder die frisch umbenannte Bosch Home Comfort Group, ehemals Thermotechnik.

Auf dem Wärmepumpenmarkt wird weiterhin über den legendären 12-Milliarden-Deal geraunt. Der Einstiegspunkt für Viessmann hätte dabei aus Kennersicht nicht vorteilhafter sein können. Mit fortschreitender Krise platzen derweil immer mehr Läger aus den Nähten, melden immer mehr Firmen Kurzarbeit an, die Unternehmen verlieren für einen potenziellen Verkauf zusehends an Wert. Und das in Zeiten einer pfeilschnellen Marktglobalisierung. Unter entsprechendem Zugzwang ist damit auch Deutschlands größter Heizungsanlagenbauer Bosch. Trotz gewichtiger Untermauerung durch die seinerzeit übernommenen Marken Buderus AG (2003) und Junkers (2019) als ausgewiesene Spezialisten auf dem Wärmemarkt.

Im Headquarter der Schwaben dürften schon seit Längerem die Köpfe rauchen. Was genau hier für die nächste Zukunft an strategischer Neuausrichtung geplant ist, um im Feld weiter vorne mithalten zu können, wird seitens Bosch sorgfältig unter Verschluss gehalten. Mit einem nominal um 13% gestiegenen 4,5-Milliarden-Umsatz in 2022 gegenüber dem Vorjahr lag Bosch jedenfalls auf Kurs. So knüpfte die unternehmenseigene Thermotechnik 2022 mit einer 75-prozentigen Umsatzsteigerung in Deutschland an den Aufwärtstrend an. Dass Bosch spätestens nach dem besagten Coup allerdings in zunehmend ungemütliches Fahrwasser geraten könnte, erhöht nun den Druck auf rechtzeitige Gegenmaßnahmen. Aus dem Unternehmen war unlängst schon zu hören, man wolle eine Milliarde Euro in die Hand nehmen, um seine Kapazitäten auszubauen, so Bosch-Chef Stefan Hartung gegenüber dem Manager Magazin. Ob das reicht, wird unter Insidern bezweifelt. Dass möglichst schnell ein Big Deal her muss, hingegen nicht.

Über Produkt und Preis langfristig Fuß zu fassen, solange die Handwerker fehlen, halten Marktbeobachter für schwierig. Werden jetzt intern vielleicht weitere Desinvestments ausgespäht, nachdem man bei Bosch zuletzt auch schon Käufer für sein Geschäft mit Sicherheitssystemen suchte? SHK Tacheles hat darüber berichtet. Auch in Sachen Brennstoffzelle sei man mit Bosch jüngst noch im Gespräch gewesen, allerdings sei das Thema ja mittlerweile „politisch absolut tot“.

Die Kommunikationsabteilung der Home Comfort Group lässt sich auf Anfrage dieser Redaktion erwartungsgemäß nur wohldosiert in die Karten gucken: „Bosch setzt seine langfristige Strategie konsequent fort und investiert in den Hochlauf seiner Entwicklungs- und Produktionskapazitäten von Wärmepumpen. So fließen rund 100 Millionen Euro bis 2026 in den portugiesischen Standort Aveiro, südlich von Porto. Geplant sind neue Labore, zwei Fertigungsgebäude und zusätzliche Wärmepumpen-Produktionslinien.“ Den weiteren Schilderungen ist hier zu entnehmen, dass die angekündigte Investition von einer Milliarde Euro mit diesem Ausbau „bis zum Ende des Jahrzehnts“ offenbar genau hier ihr Ziel gefunden hat.

Branchenkennern zufolge, die im Austausch mit dem Geschäftsführer der Bosch Home Comfort Group Jan Brockmann stehen, halten derweil eine Veräusserung des wichtigen Wärmepumpengeschäfts bis heute nach wie vor für unwahrscheinlich. Ebenso einen Börsengang. Für ein solches Risiko „sei Bosch zu deutsch“, heißt es gegenüber dieser Redaktion. Man traut den Boschlern im Rahmen ihrer Wachstumsstrategie da schon eher akquisitorische Schachzüge zu. Insbesondere Japan – noch mehr als China – sei hier im Tummelbecken der ganz Großen für ein Joint Venture vermutlich ein kapitaler Fisch, Europa eher uninteressant, so wird über Boschs mögliche Ambitionen im Umfeld laut gedacht. Es sei durchaus denkbar, dass Bosch in Japan mögliche Märkte wie beispielsweise Panasonic oder Toshiba zukauft und damit namhafte Thermosparten zusammenführt, ist zu hören.

Wie auch immer der sagenumwobene Deal am Ende tatsächlich aussehen wird, bleibt man auf Konzernseite im Brustton der Überzeugung unbeirrt: „Bosch strebt eine führende Position im internationalen Wärmepumpenmarkt an – und deshalb verstärken wir Schritt für Schritt unser Engagement“, so formuliert es Christian Fischer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch.

(Stefanie Luy)




12-Punkte-Plan von SHK Tacheles zur Rettung der Branchenmessen
Kollidierende Standpunkte bei Interviewpanel mit Entscheidern: mau gegen wow!

SHKTacheles hat sich gefragt, wie den Krisen zum Trotz ein Plan für das Wiederflottmachen der trudelnden Traditionsmessen aussehen könnte. Dazu hat unsere Redakteurin Stefanie Luy zahlreiche Befragungen im Top-Management der Branche durchgeführt. Herausgekommen ist ein ungefilterter 12-Punkte-Plan und die Erkenntnis: Klartexte auf Kollisionskurs bei Anbietern und Ausstellern.

SHK Tacheles hat jetzt mal den Schritt aus der sanitärweiten Schockstarre gewagt und eine Art konstruktiven Leitfaden für die Branchenmesse der Zukunft ermittelt. Dazu hat sich die Redaktion eine Reihe unfrisierter Meinungen von Insidern aus der Markenindustrie, aber auch von manchem Messeverantwortlichen, eingeholt. So viel vorab: Dass bei der Befragung von Ausstellern (hier Hersteller/Badausstatter) und Veranstaltern nicht unbedingt ein einheitliches Bild entstehen würde, war absehbar. Wie weit die Wahrnehmungen beider Seiten allerdings auseinanderdriften, lässt für das erhoffte Wiedererstarken dann doch eher eine Langstrecke erahnen. Denn hinter dem anhaltenden Abkehrtrend vor allem marktrelevanter Schwergewichte steckt offenbar mehr als nur eine postpandemische und baukrisenbedingte Flaute.

Leere Gänge keine Seltenheit in den zurückliegenden Messeveranstaltungen 22/23

Die Problematik mit den einst so bedeutenden Regionalmessen scheint bei genauerer Auslese wie eine achtarmige Krake. Von den üblichen Verdächtigen mal abgesehen, als da wäre: der irrwitzige Kostenaufwand bei den Herstellern in Zeiten rückläufiger Konjunktur und die explodierende Übermacht der Hausmessen, die wie Pilze aus dem Boden sprießen. Schließlich kein Geheimnis, dass allen voran die GC-generierten Neuheitenschauen längst zur beinharten Konkurrenz geworden sind. Nicht nur die alles überstrahlende Münchener Hausmesse Gienger Markt Schwaben scheint die traditionellen Regionalmessen im Vergleich zunehmend dem Imageverlust auszusetzen. Den Antworten mehrerer befragter Vertriebsleiter und CEOs namhafter Sanitärhersteller ist zu entnehmen, dass dabei wohl ein gewisser Standesdünkel der Lokalmesseveranstalter die notwendige Selbstkritik und ein effektives Aufhübschen des Angebots verhindert.

Vonseiten der Veranstalter klingt die Wahrnehmung des Problems auf Nachfrage von SHK Tacheles entsprechend: „Mein Gefühl ist, dass Messen nach der Pandemie eher branchenübergreifend gestärkt hervorgehen. Wenn Kurzarbeit, Entlassungen oder Standortschließungen anstehen, werden Marketingbudgets ebenfalls gekürzt und Messeteilnahmen abgesagt. Das ist verständlich und nichts Außergewöhnliches“, so Stefan Seitz, Leiter Brandmanagement ISH, gegenüber der Redaktion. „Wir werden kein Statement abgeben, da wir die in den Fragen vertretenen Ansichten mit Blick auf die letzte und kommende IFH/intherm nicht teilen“, lässt man derweil aus der Pressestelle der Nürnberger verlauten.

Selbstbezogener Handlungsbedarf lässt sich aus solchen Äußerungen nicht zwingend ableiten. Was übrigens auch für manch andere Lokalmesse zu gelten scheint, wie der Geschäftsführer eines großen Badausstatters die Redaktion wissen ließ. Man hatte hier offenbar die Veranstalter schon im Vorfeld unseres Interviews nach einem möglichen Neukonzept befragt. Bei der Beantwortung wurde man nach eigener Aussage daraufhin mit einem eher „konservativen Response“ selbstgefällig abgespeist. Reaktionen, die dem Anschein nach auf breiterer Fläche Verärgerung auslösen.

Die Verantwortlichen feierten die jüngste ISH als Erfolg. Bei den Badausstattern gab es da eher geteilte Meinungen.

Dabei könnte eine angesagte Fachmesse wie die Chillventa in Nürnberg beispielsweise als Vorbild dienen, wie eine attraktive Adaption auf Höhe der Zeit aussehen kann. Auch wenn man sich hier auf Nachfrage der Redaktion nicht ins vielversprechende Logbuch gucken lassen will: „Aus unserer Sicht kann man Regionalmessen und Messen wie die Chillventa nicht vergleichen und ggf. Ableitungen ziehen“, lässt Bertold Brackemeier, Director Marketing Chillventa, SHK Tacheles freundlich abblitzen. Wirklich so, dass eine Chillventa eher einem eigenständigen Paralleluniversum gleicht statt den Traditionsveranstaltern hilfreiche Blaupausen für mehr Event-Sexyness zu bieten? Dann vielleicht der Bezug auf ein anderes offenbar erfolgreiches Konzept wie der im Rahmen des Panels genannten Messe Architect@Work: laut Insiderdarstellung kleiner, schneller, beschränkt auf Neuheiten und Konzentration auf klare Inhalte bei gleicher Standgröße für alle. An dieser verfahrenen Stelle darf der folgende 12-Punkte-Plan für die Messe der Zukunft gern als sachdienliche Orientierungshilfe bei der Verständigung gelesen werden:

  1. Messe muss kreativer werden und sich von Grund auf neu erfinden
    – Definition des Besuchernutzens entschlossen nachschärfen
    – Regelwerk und Forderungen den Gegebenheiten zeitgemäß anpassen
    – Rahmenprogramm attraktiver gestalten (Beispiel: Pop Up my Bathroom)
    – Messekosten insgesamt drosseln (Standgebühren, Serviceleistungen, mgl. Kooperationen bei Anreise und Unterkunft)
    – Voraussetzung für bessere Erfolgsmessung schaffen
    – möglicherweise sogar zum „aktiven Vertriebspartner“ wandeln und das Format umbenennen

  2. Besseres Einladungs- und Eventmanagement
    – Besuchermarketing überarbeiten
    – mehr B2C
    – professionelle Agenturen beauftragen

  3. Installateure/FH (relevante Zielgruppe) stärker umwerben / auf Messe holen
    – Herstellerfokus auf dreistufigem Vertriebsweg mehr berücksichtigen
    – entschieden mehr Anreize schaffen, z.B. durch Messepakete, Rabatte, vergünstigte Tickets, Anreiseboni, Exklusivangebote etc.
    – Öffnungszeiten erweitern, um relevanter Zielgruppe den Zugang zu erleichtern

  4. Weitere Öffnung in Richtung aller Marktaktiven
    – Zugehörigkeitsgefühl stärken: auch bei Endkunden
    – Hybridformate weiterentwickeln statt diese zu verwerfen

  5. Wiederbelebung des persönlichen Kundenkontaktes und des Netzwerkens
    – wesentliches Messepfund wieder in den Mittelpunkt der Veranstaltung rücken
    – Anreize und entsprechende Begegnungsräume schaffen

  6. Besondere Messe-Highlights der Hersteller
    – Messe muss was Exklusives bieten: aktuell gleiche Neuheiten bei gleichem Publikum wie auf Hausmessen
    – Überschnitt vermeiden, wenn schon hoher Invest 

  7. Runder Tisch zwischen Verbänden/Veranstaltern und Herstellern
    – gemeinsam neue Konzepte und Mehrwerte erarbeiten
    – spezifische Veranstaltungsangebote mit Bezug auf drängende Themen entwickeln
    – Kosten-Nutzen-Verhältnis optimieren: aktuell Standflächenpreise stark gestiegen, Besucherzahlen relevanter Kunden stark gesunken

  8. Runter vom hohen Ross
    – schwindende Notwendigkeit physischer Messen erkennen und gegensteuern (s. Digitaltrend + Wettbewerb durch GH-Messen)
    – mehr 
    Selbstkritik und Selbstverständnis der Veranstalter als Dienstleister
    – eventuell sogar deutschlandweit rollierendes System der Regionalmessen

  9. Gewerkeübergreifendes Angebot
    – mehr Werbung für Gewerke wie Architekten, Ingenieurbüros, Bauunternehmer usw. und deren Präsenz
    – Hamburg beispielsweise hat erfolgreich „Elektro“ mitaufgenommen

  10. Flexible Preisanpassung, insgesamt besserer Return of Invest
    – auch kleine Mittelständler müssen sich noch Messe leisten können

  11. Hersteller: Feuer entfachen bei eigenen Leuten
    – Paradigmenwechsel nicht nur von Messe fordern, sondern auch eigene Leute mehr in die Verantwortung nehmen
    – vor allem junge Mitarbeiter/Vertriebler wieder messetauglich machen
    – Messefeeling und die Leidenschaft von früher bei Mitarbeitern und Kunden wachrufen
    – Persönliche Kundenansprache viel mehr fördern statt sich mit den eigenen Produktshows verrückt zu machen

  12. Hersteller: weniger auf Prunk & Protz setzen
    – mehr Effizienz durch interne Kostenstraffung statt Messen abzusagen
    – Fokus auf Akquise einschärfen (statt primär „Kaffee & Party“)
    – Idee vom schillernden „Glaspalast“ auch mal sterben lassen
    – insgesamt Erwartungen runterschrauben und sich aufs Wesentliche konzentrieren

Mehrheitliche Stoßrichtung: Die Hersteller würden gern die Darstellungsplattform von damals exhumieren und wünschen sich gleichzeitig ein frisches Facelift. Eines, das vor allem auf ein gesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis und den wiederzubelebenden Wow-Effekt abzielt. Man möchte grundsätzlich an dem Format festhalten, allerdings in einem zeitgemäß gewandelten Format. „Wir würden es schon gerne beibehalten, auf großen Regionalmessen stattzufinden“, so Hüppe Chef Julian Henco gegenüber der Redaktion – mit besonderer Betonung auf die bislang veranstalterseits vernachlässigten Installateure, die es für den persönlichen Kundenkontakt auf die Messen zu holen gälte.

Messen müssen für Ihre Besucher Exklusives bieten

Sonst sieht es mit der Messebeteiligung für einige wohl weiter mau aus, wie beispielsweise Oliver Held, Managing Director Laufen und Roca Deutschland, auf Nachfrage von SHK Tacheles durchblicken lässt: „In der aktuellen Situation – die sich offensichtlich nach Einschätzung aller Marktteilnehmer zumindest für den Sanitär vor der Wand Bedarf 2024 nicht signifikant verbessern wird – müssen wir das Kosten-/Nutzenverhältnis erst recht kritisch hinterfragen und so sind wir nebst anderen Kosteneinsparmaßnahmen auch zum Entschluss gekommen, im nächsten Jahr nicht an den Regionalmessen teilzunehmen.“

Einseitige Schuldzuweisungen scheinen in der herrschenden Messemisere also wenig zielführend, so das allgemeine Fazit. Um die gewünschte Balance zwischen Anbietern und Nachfragern und ein Entflammen für die traditionellen Begegnungsplattformen wiederherzustellen, braucht es offensichtlich zuallererst ein Kehren vor der eigenen Türe. Und zwar auf beiden Häuserseiten.

(Stefanie Luy)