Setzt Dornbracht künftig mehr auf Massentrend?Mögliche neue Anlage des Edelbadausstatters wirft Fragen auf
Ernstzunehmende Hinweise deuten darauf hin, dass der Iserlohner Armaturenhersteller aus dem Luxussegment mit einem neuen Verfahren möglicherweise seine exklusive Alleinstellung aufweicht. Dass man ein „neues Armaturen-Konzept und Geschäftsfeld“ vorzustellen habe, das jedenfalls hat das unternehmenseigene Pressebüro gegenüber der Redaktion im Vorfeld bereits bestätigt.
Noch hält man sich bei Dornbracht geschlossen. Auf Nachfrage von SHK Tacheles wird bislang über eine vermeintlich neue PVD-Anlage im Werk Iserlohn Stillschweigen gewahrt. Eine entsprechende Info aus vertrauenswürdiger Quelle wurde jetzt dieser Redaktion zugespielt. Das wirft mit Blick auf den traditionell ikonischen Designanspruch von Dornbracht Fragen auf. Beispielsweise die, wie eine massenkompatible Oberflächenbeschichtung von Armaturen zur bisher exklusiven Sonderstellung des Sauerländer Premiumherstellers passt.
Dazu muss man wissen, dass es sich bei einer PVD-Beschichtung (Abkürzung für physical vapour deposition) um eine sogenannte physikalische Gasphasenabscheidung handelt. Ein Prozess, bei dem eine hauchdünne nur etwa nanometerdicke Metallschicht in Verbindung mit einem reaktiven Gas aufgebracht wird. Objekte, die auf diese Weise oberflächenbehandelt werden, sollen sich unter anderem durch besondere Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit gegenüber konventionellem Finish auszeichnen. Aber auch durch trendige Farben, stylischen Look und durch Vorzeigequalitäten als modischer Hingucker. Und das macht die Sache mit der PVD-Beschichtung eben auch zu einer Mode, die auf breiterer Fläche begehrt wird und damit ein anderes Publikum anspricht als von Haus aus ein edles Designgadget.
Eines ist klar: Wer PVD als Coating wählt, möchte seinem Lifestyle besonderen Ausdruck verleihen. Ähnlich dem Pimpen von Karossen mit ausgefallenem Lackierungstuning als Statement. Haben Chrom und die klassischen Hochglanzarmaturen jetzt vielleicht ja so langsam in den Badezimmern ausgedient? Zumindest entgeht möglicherweise auch dem Designsouverän Dornbracht nicht, dass PVD als mittlerweile etablierte Beschichtungstechnologie zunehmend die Masse anspricht und ein verlockender neuer Markt sein könnte.
Nicht ganz abwegig, dass seit der Übernahme durch die Dortmunder Knauf Dynastie Ende 2020 und nach dem Rückzug vor allem von Andreas Dornbracht aus dem Familienunternehmen ein anderer Wind durch die vornehmen Werkshallen weht. Gerade er war es schließlich, der beim damals noch geschäftsführenden Brüderduo als fortschrittlich denkender Branchenvisionär galt. Angenommen werden darf aber wohl genauso, dass hier möglicherweise auch CEO Stefan Gesing als ehemaliger Topmanager von Grohe, einer eher massenaffinen Marke, seine Finger im Spiel hat.
Die entscheidende Frage im Falle der Edelmanufaktur Dornbracht: Bricht man sich als angesehene Galionsfigur im Luxusbad nicht einen ersten Zacken aus der Krone, wenn man von seiner exklusiven Alleinstellung in Richtung eines Modetrends ausschwenkt? Oder möchte man als Platzhirsch auf dem bisherigen Geschäftsfeld der Luxusarmaturen schlichtweg sein Terrain und Rudel erweitern, um mehr Masse zu machen? Fakt ist, dass der Entwicklungstrend der PVD-Beschichtung bei allen Vorzügen, die dieses Verfahren haben mag, nicht gerade ein eigenständiges Markenzeichen darstellt.
(Stefanie Luy)